Joe Pitt 01 - Stadt aus Blut by Charlie Huston

Joe Pitt 01 - Stadt aus Blut by Charlie Huston

Autor:Charlie Huston [Huston, Charlie]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783453675278
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2007-04-15T13:41:58+00:00


Philip sitzt in Dobbs Bürostuhl, während ich die Leiche untersuche. Er wurde stranguliert. An sich nichts Außergewöhnliches, aber wiederum auch nicht so einfach, wie es sich anhört. Der Raum zeigt keine Spur von Verwüstung – es fand kein Kampf statt. Jemand hat ihn überrumpelt. Offensichtlich eine Person, die er kannte oder der er zumindest so weit vertraute, dass er sie in sein Büro ließ. Und als er sich umdrehte, hatte er auch schon einen Unterarm um die Kehle. Die vielen Blutergüsse sprechen zumindest dafür, dass der Job mit dem Unterarm erledigt wurde. Von jemandem, der stark und sehr schnell war.

Ich versuche, seinen Geruch zu erfassen, was verdammt schwer ist. Es ist der Duft von jemandem, der gut geduscht war, aber kein Parfum trug. Jedenfalls ist es nicht Daniels komischer Geist. Das beruhigt mich. Vielleicht hat die ganze Sache ja überhaupt nichts mit mir zu tun. Möglicherweise ist Dobbs nur jemandem auf die Füße getreten, dem er besser nicht auf die Füße hätte treten sollen. Vielleicht aber auch nicht. Ich durchsuche seine Taschen. Schlüssel, eine halbe Rolle Pfefferminzdrops, Lippenbalsam, eine Brieftasche samt Ausweis und ein paar Kreditkarten. Einige Kontoauszüge, aber keine Bankkarte.

– Phil, wo ist seine Bankkarte?

– Also weißt du, Joe, ich wollte mit dem Typen nur ein paar Takte reden, wegen einem Job und so...

– Deine Scheißgeschichte kannst du mir später erzählen. Wo ist die Karte, hab ich gefragt.

– Ja, wie gesagt, Joe, ich bin hier reingekommen, weil die Tür offen stand, und da lag er, und ich wollte eigentlich nur so schnell wie möglich abhauen. Wie sieht das denn aus, wenn man mit einem Toten im selben Zimmer erwischt wird? Nicht gut. Aber dann kam wer die Treppe rauf – jetzt weiß ich ja, wer das war – und ich dachte mir, ich versteck mich lieber mal im Klo. Und dann hattest du schon die Tür eingetreten, bevor ich mir ihn überhaupt richtig ansehen konnte, geschweige denn seine Leiche anfassen oder umdrehen. O Mann, so was könnte ich nie, schon allein bei der Vorstellung krieg ich echt Gänsehaut.

Ich drehe Dobbs’ Kopf zur Seite, um die Blutergüsse besser betrachten zu können. Sein Toupet rutscht ihm von der Glatze, und er bietet von Moment zu Moment einen traurigeren Anblick.

– Phil, wenn ich dich jetzt bei den Füßen packen, umdrehen und schütteln muss, werde ich richtig sauer.

Er steht auf und leert seine Taschen auf den Schreibtisch.

– Ich will alles sehen. Alles.

Er häuft ungefähr denselben Müll auf den Tisch, wie er es vor ein paar Nächten auf dem Toilettenboden des Niagara getan hat: eine Tüte voll Pillen, ein paar Zettel mit Telefonnummern, eine verknitterte Eintrittskarte für die New York Dolls, seine Pomadendose und zehn Dollar in zerfledderten Scheinen und Münzen.

– Siehst du, Joe? Nichts.

– Komm her.

– Aber...

– Komm einfach einen Schritt näher, Phil. Ich tu dir schon nichts.

Er gehorcht, und ich gebe ihm eine schallende Ohrfeige. Dann werfe ich ihn auf den Tisch. Ich durchsuche ihn und finde nichts. Er steht auf und reibt sich das Gesicht.

– Mann, Joe.

– Ich schwöre dir, ich lass dich splitternackt ausziehen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.